Hochschulfinanzierung: Jetzt in die Köpfe von morgen investieren

Nach der ernüchternden Herbststeuerschätzung und einer angekündigten Nullrunde für die Hochschulen im kommenden Doppelhaushalt fürchten Wirtschaft und Wissenschaft deutliche Einschnitte in Baden-Württemberg. Dabei stehen gerade die technischen Studienfächer vor großen Herausforderungen. Zudem verschärft sich der Fachkräftemangel. Erst ab dem Jahr 2027 ist ein marginaler Ausgleich für Kostensteigerungen vorgesehen, insgesamt zu wenig.

Für die Hochschulfinanzierung der kommenden fünf Jahre sehen die Rahmenbedingungen schlecht aus. Die knappe Haushaltslage und die gerade veröffentlichte Steuerschätzung, die weitere Haushaltslücken reißt, machen allen Hochschularten große Sorgen vor unausweichlichen Einschnitten. Jetzt werden die Weichen für die Ausbildung der akademischen Fachkräfte von morgen gestellt. Die Nachfrage ist nach der vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium beauftragten Sonderauswertung vom Jahresanfang ungebrochen und wird weiter steigen.

Wirtschaft, Wissenschaft und Verbände fordern von der Landesregierung, dem angekündigten Schwerpunkt auf Forschung und Innovation im Haushaltsentwurf 25/26 auch Taten folgen zu lassen. Das Hochschulsystem muss in seiner Breite und seiner dezentralen Aufstellung in allen Regionen des Landes gut finanziert sein, um Baden-Württemberg wettbewerbsfähig zu halten. Die Hochschulen sind gehalten, sich mit vielen ihrer Studienangebote gemeinsam mit der Industrie, Verbänden und Gesellschaft neu zu erfinden. Diese Transformation kostet zusätzliches Geld, das im Haushalt und damit auch in der zukünftigen Finanzierungsvereinbarung bisher nicht vorgesehen ist – im Gegenteil: Den Hochschulen stehen faktisch Kürzungen bevor. Das ist für ein Bundesland, dessen Wohlstand größtenteils auf hochwertiger Bildung, exzellenter Forschung und Innovation beruht, nicht zukunftsfähig!

Eine neue Analyse des CHE zeigt besonders hohes Interesse von ausländischen Studierenden außerhalb der EU einen MINT-Studiengang in Deutschland zu wählen, auch unter jungen Frauen.

Ein weiteres Problem: Aus Finanznot kann das Land nicht wie von beiden Regierungsfraktionen im Frühjahr 2024 angekündigt die hinderlichen Studiengebühren, die es deutschlandweit ausschließlich in Baden-Württemberg gibt, abschaffen. Der neue MINT-Herbstreport des IW macht auf den flächendeckenden Fachkräftemangel im Detail aufmerksam und empfiehlt ebenfalls das Thema gezielte Zuwanderung in Studium und Ausbildung in den Blick zu nehmen.

Die entscheidende Kenngröße für die Verteilung eines Anteils der Grundfinanzierung ist derzeit die rein quantitative Betrachtung der Studierendenzahlen. Diese Umverteilung innerhalb der Hochschularten mit Hilfe des so genannten Ausgleichsmechanismus hat bereits in den letzten fünf Jahren für Fehlanreize im System gesorgt. Die Gefahr ist offensichtlich, dass aus den wichtigen Technikfächern schleichend Ressourcen abgezogen werden, was zu Fehlentwicklungen zulasten des Wirtschafts- und Technikstandorts Baden-Württemberg führt.

Deshalb fordern Wirtschaft, Wissenschaft und Verbände gemeinsam die Landespolitik auf, die vorgesehene Nullrunde zu verhindern und die Bereiche Bildung, Innovation und Forschung vor weiteren Einsparungen zu schützen, sowie Anreize zu schaffen, den Fokus auf Studienbereiche zu setzen, in denen der heutige und zukünftige Fachkräftemangel besonders hoch ist. Damit verbunden ist die Forderung nach Abschaffung oder zumindest der Aussetzung des derzeitigen Ausgleichsmechanismus.

Darüber hinaus wäre es wichtig, die Studiengebühren für ausländische Studierende abzuschaffen. Sie sind eine zusätzliche Hürde für die Anwerbung zukünftiger Fachkräfte im Land.

 

Weitere Informationen und genannte Quellen

Pressemeldung von Südwestmetall zum verschärfenden MINT-Fachkräftemangel

Pressemeldung des Wissenschaftsministeriums zum zukünftigen Fachkräftebedarf

Analyse des CHE zu MINT-Fachkräften

MINT-Herbstreport des Instituts der deutschen Wirtschaft